Die Menschen in den Bildern des Australiers Edward Wright (*1971) bieten einen verstörenden Anblick. Einerseits präsentieren sie sich dem Betrachter in wohlarrangierten Gruppenbildnissen, andererseits bleiben die Gründe für diese Zusammentreffen stets im Verborgenen. Die Räume, in denen sich die Abgebildeten befinden, sind bis auf vereinzelte Gegenstände leer und nicht weiter definiert. Das Fehlen räumlicher Referenzpunkte in den Bildern fordert die unbedingte Konzentration des Betrachters auf die Porträtierten, und an diesem Punkt wird deutlich, dass sich Edward Wright mit einem Genre befasst, das in der aktuellen bildenden Kunst kaum noch bedient wird.
Bei der Porträt- oder Bildnismalerei handelt es sich um die älteste Gattung der realistischen Darstellung in der Kunst der Neuzeit. Die Renaissance berief sich mit dem aufkommenden Individualismus - nach Jahrhunderten der mittelalterlichen Malerei, die auf ideelle Darstellung abzielte und in der infolgedessen die Fähigkeit zur physiognomisch differenzierten Abbildung des menschlichen Gesichts verloren ging - auf die antike Tradition des römischen Naturalismus, wie sie in den ersten realistischen Individualporträts, den Mumienporträts des alexandrinischen Kunstkreises aus dem 1. bis 5. Jahrhundert, überliefert sind. Verfolgt man die weitere geschichtliche Entwicklung dieser Gattung, lassen sich faszinierende Bezüge zwischen den Bildnissen Edward Wrights und jenen der alten Meister entdecken. Bereits ein Blick auf die Figurenkompositionen des scheinbar spontan versammelten Bildpersonals in seinen Gemälden lassen deutliche Parallelen zu den Gesellschafts- und Gruppenbildnissen des niederländischen Barocks sowie den Freundschaftsbildnissen der Romantik erkennen. Edward Wright bezieht sich damit auf eine Bildgattung, die sich ursprünglich aus dem erstarkenden Bürgertum und dessen wirtschaftlichem und politischem Machtzuwachs heraus entwickelte, um - quasi in Umkehrung der ursprünglichen Intention - seine kritische Haltung gegenüber den heutigen Nachfahren jener barocken ökonomischen und intellektuellen Eliten - Manager und ähnliche selbsternannte Leistungsträger der Gesellschaft - zu formulieren. So sollte das barocke niederländische Porträt einer oder mehrerer Personen die Individualität des Dargstellten "anschaulich vergegenwärtigen, physiognomisch differenzieren und mit der physischen Erscheinung auch Wesenheit und Rolle (über Gesichtsausdruck, sprechende Hände und Aufmachung) sichtbar machen [...]" Dies trifft zum Beispiel auf Rembrandts Gruppenbildnisse wie der "Anatomie des Dr. Tulp" (1632) oder den "Vorstehern der Tuchfärberzunft" ("De Staalmeesters", 1661) geradezu exemplarisch zu: In diesen Standesbildern, in denen die repräsentative Darstellung der politischen und sozialen Stellung einer Gruppe angestrebt wurde, sind die Personen, durch eine bestimmte Aufgabe miteinander verbunden, individuell und naturalistisch porträtiert. Der Betrachter wird über Mittelsfiguren, die aus den Bildern würdevoll herausschauen, in das Geschehen integriert, und durch die Darstellung "sprechender Hände" wird die Relevanz des gesprochenen Wortes unterstrichen und zur Anschauung gebracht. Wer solche Bildnisse in Auftrag gab, war sich seiner gesellschaftlichen Stellung bewusst und konnte sicher sein, dass der Betrachter die selbstbewusste Botschaft der bürgerlichen Emanzipation verstand und guthieß. Edward Wright transformiert nun die positiv konnotierten Bildinhalte ins Negative.
Dabei bedient er sich der überlieferten Ikonografie, versieht sie aber mittels kleiner formaler Variationen mit neuen Inhalten. So wird die auf den ersten Blick realistisch erscheinende Darstellung der Gesichter teilweise grotesk übersteigert und bis an den Rand der Parodie geführt. Dem würdevollen Auftritt der "Staalmeesters" weicht die Hysterie und das zwanghafte Grinsen. Die ständische Kleiderordnung findet sich in der Uniformität des Business-Anzugs wieder, der lediglich Indikator für eine bestimmte soziale Stellung ist, aber keinen Hinweis mehr auf die konkrete Tätigkeit seines Träger gibt. Auch die Titel der Bildnisse beziehen sich nicht mehr direkt auf die dargestellten Personen und ihre Funktionen innerhalb ihrer "Gilde", bezeichnen jedoch offenbar die "Branche", in denen die Dargestellten - vollkommen austauschbar - ihre Erfolge feiern ("reassurance", "electricity", "power" oder - im privaten Bereich - "Golf, And More Time With The Family") und unterstützen somit den Eindruck dieser Entindividualisierung.
Die ursprünglich an den Betrachter gerichtete bildinterne Kommunikation ist in Wrights Gruppenbildnissen nur noch selbstreferenziell und schließt den Betrachter weitgehend vom Bildgeschehen aus. Das Repertoire der sprechenden Hände beschränkt sich auf gegenseitiges Gratulieren und Schulterklopfen oder bedient sich, wie in "electricity", Gesten, die für den Außenstehenden nicht zu deuten sind. Als derart rätselhafte Kommunikationselemente besitzen sie geheimbündlerischen Charakter und grenzen den Betrachter zusätzlich aus. Nichtsdestoweniger spielen gerade die Hände in den Gemälden Wrights eine auffallende Rolle. Sie sind die Instrumente der Selbstvergewisserung und -bestätigung im Moment der Berührung Gleichrangiger, sie umfassen, ergreifen, packen und schütteln - aber sie erfüllen keine rhetorische Funktion mehr in den Bildern. Bedenkt man die Vielfalt der symbolischen Bedeutungen der Hand und ihre Fähigkeit, über Gesten selbst symbolisch zu kommunizieren, eröffnen die Hände eine wirksame Ebene, um Kritik an den herrschenden Verhältnissen einer von Managern dominierten Wirtschaft zu üben, deren Primat der Gewinnmaximierung inzwischen alle Bereiche des Lebens beeinflussen.
So ging zum Beispiel das Bild des Deutsche-Bank-Chefs Josef Ackermann, der als Angeklagter im Mannesmann-Prozess der Untreue bezichtigt wurde und der vor Prozessbeginn seinem Mitangeklagten, dem ehemaligen Mannesmann-Vorstandsvorsitzenden Klaus Esser, breit grinsend das Victory-Zeichen entgegenhielt, in Windeseile um die Welt und wurde als Beleg der "Arroganz der Macht" zu einer Ikone der Kapitalismuskritik. Stillosigkeit, Zynismus und Raffgier verdichteten sich in einer einfachen Geste.
Edward Wright extrahiert die Grundsubstanzen solcher Bilder und verarbeitet sie in seinen abgründigen Porträts zu entlarvenden Schaubildern einer Gesellschaft, in der die Gesten zu Gemeinplätzen verkommen sind, die die Freundlichkeit und Verbindlichkeit der Akteure nur noch als Unmoral und Hohlheit entlarvt.
The people depicted in paintings by the Australian artist Edward Wright (*1971) confront us with images that are often disconcerting. On the one hand, they seem to present themselves to the viewer in well-arranged group portraits, on the other, there is no intimation of why the group has come together. The rooms, in which the figures he portrays find themselves, are empty but for a few isolated objects, and there is nothing to define them more specifically. The lack of references to location causes the viewer to concentrate on the figures portrayed, thus giving rise to the realization that Edward Wright is dealing with a genre to which contemporary visual art now only seldom makes a contribution.
The painting of portraits or human likenesses is the oldest type of realistic depiction in the art of the modern period. The burgeoning individualism of the Renaissance - after years of Medieval painting that strove to depict an ideal and resulted in a diminished ability to portray differentiated human physiognomies - reverted to the Ancient tradition of Roman Naturalism, of the type seen in the earliest known realistic individual portraits, the mummy portraits from the Alexandrian cultural circles which were painted during the first to the third century. Pursuing the subsequent historical development of the portrait allows fascinating relationships to be discovered between Edward Wright's portraits and those of the Old Masters. One look at the composition of the figures in the apparently spontaneous gatherings of personnel in his paintings reveal clear parallels to the society and group portraits of the Dutch Baroque as well as the friendship portraits of the Romantic period. Edward Wright refers to a type of painting that originally emerged in the wake of the rising power of the bourgeoisie and its increased economic and political influence; he uses it - more or less in a reversal of the initial intention - to underline his critical attitude towards the present-day descendents of the Baroque economic and intellectual elite - managers and similar, self-proclaimed leaders of society. Thus, the Dutch Baroque portraits of one or more people were intended to "clearly underline, physiognomically distinguish, and illustrate through physical appearance the essential character and role (through facial expression, speaking hands and manner of dress). [...]" of the individual person portrayed. Excellent examples of this can be found in group portraits by Rembrandt, such as The Anatomy Lesson of Dr. Tulp (1632) or The Syndics (De Staalmeesters, 1661); in these status portraits, which sought to create representative depictions of the political and social standing of the group in question, the subjects are depicted as connected to each by a certain task in an individual and naturalistic manner. The viewer is drawn into the painting by intermediary figures who gaze out of the paintings with dignified expressions, while the relevance of the spoken word is underlined and made visible by means of depicting "speaking hands". Anyone likely to commission such a portrait was conscious of his social standing and could be sure that the viewer understood and agreed with the message of bourgeois emancipation. Edward Wright now introduces new, critical aspects into the originally positive connotation of the themes of these paintings. In doing so he avails himself of the traditional iconography, but adds new meaning by including slight, formal variations. Hence, the depiction of the faces appears to be realistic at first glance although it is sometimes grotesquely exaggerated and border on parody. The dignified appearance of the Staalmeesters gives way to hysteria and compulsive grinning. The clothing once regulated to reflect social rank is reflected by the uniformity of the business suit, which is simply an indicator of a certain social standing, without providing any indication as to the specific profession of its wearer. The titles of the portraits are also no longer directly related to the people depicted or their functions within their "guilds", although they obviously designate the field of business, in which the depicted figures - who are completely interchangeable - have attained success (reassurance, electricity, power or - in a private context - Golf, and More Time With The Family), thereby heightening the impression of deindividualization.
The internal communication within the painting, originally directed towards the viewer, is reduced to self-referentiality in Wright's group portraits and excludes the viewer almost entirely from what is happening in the painting. The repertoire of the speaking hands is limited to mutual gestures of congratulations and backslapping or, as in the case of "electricity", to gestures that cannot be interpreted by outsiders. Such mysterious means of communication evoke the character of a secret order and thereby further exclude the viewer. Nevertheless, hands play a particularly notable role in Wright's paintings. They are instruments of self-assurance and confirmation when contact is made with others of similar standing; they enclose, reach for, grasp, take hold of, and shake - but they no longer fulfil a rhetorical function in these paintings. Considering the diversity of symbolic meanings conveyed by hands and their ability to communicate symbolically through gestures, they open up an effective avenue for effectively expressing criticism of existing conditions in an economy dominated by managers whose primary dictum is the maximization of profits, which has come to influence all areas of life. Thus, the picture of Josef Ackermann, the CEO of the Deutsche Bank who was charged with embezzlement, wearing a broad grin as he held up two fingers spread in a "V" for victory upon encountering his co-defendant, the former CEO of Mannesmann Klaus Esser, made its way around the world in record time, and came to be seen as evidence of an "arrogance of power" and as an icon of the critique of capitalism. A lack of style, cynicism and greed were all concentrated in a single gesture.
Edward Wright extracts the fundamental substance from such images and reworks them in his cryptic portraits, creating revealing depictions of a society in which gestures have become so thoroughly banal that they only serve to expose the immorality and vapidity behind the purported friendliness and sincerity of those who make them.
The people depicted in paintings by the Australian artist Edward Wright (*1971) confront us with images that are often disconcerting. On the one hand, they seem to present themselves to the viewer in well-arranged group portraits, on the other, there is no intimation of why the group has come together. The rooms, in which the figures he portrays find themselves, are empty but for a few isolated objects, and there is nothing to define them more specifically. The lack of references to location causes the viewer to concentrate on the figures portrayed, thus giving rise to the realization that Edward Wright is dealing with a genre to which contemporary visual art now only seldom makes a contribution.
The painting of portraits or human likenesses is the oldest type of realistic depiction in the art of the modern period. The burgeoning individualism of the Renaissance - after years of Medieval painting that strove to depict an ideal and resulted in a diminished ability to portray differentiated human physiognomies - reverted to the Ancient tradition of Roman Naturalism, of the type seen in the earliest known realistic individual portraits, the mummy portraits from the Alexandrian cultural circles which were painted during the first to the third century. Pursuing the subsequent historical development of the portrait allows fascinating relationships to be discovered between Edward Wright's portraits and those of the Old Masters. One look at the composition of the figures in the apparently spontaneous gatherings of personnel in his paintings reveal clear parallels to the society and group portraits of the Dutch Baroque as well as the friendship portraits of the Romantic period. Edward Wright refers to a type of painting that originally emerged in the wake of the rising power of the bourgeoisie and its increased economic and political influence; he uses it - more or less in a reversal of the initial intention - to underline his critical attitude towards the present-day descendents of the Baroque economic and intellectual elite - managers and similar, self-proclaimed leaders of society. Thus, the Dutch Baroque portraits of one or more people were intended to "clearly underline, physiognomically distinguish, and illustrate through physical appearance the essential character and role (through facial expression, speaking hands and manner of dress). [...]" of the individual person portrayed. Excellent examples of this can be found in group portraits by Rembrandt, such as The Anatomy Lesson of Dr. Tulp (1632) or The Syndics (De Staalmeesters, 1661); in these status portraits, which sought to create representative depictions of the political and social standing of the group in question, the subjects are depicted as connected to each by a certain task in an individual and naturalistic manner. The viewer is drawn into the painting by intermediary figures who gaze out of the paintings with dignified expressions, while the relevance of the spoken word is underlined and made visible by means of depicting "speaking hands". Anyone likely to commission such a portrait was conscious of his social standing and could be sure that the viewer understood and agreed with the message of bourgeois emancipation. Edward Wright now introduces new, critical aspects into the originally positive connotation of the themes of these paintings. In doing so he avails himself of the traditional iconography, but adds new meaning by including slight, formal variations. Hence, the depiction of the faces appears to be realistic at first glance although it is sometimes grotesquely exaggerated and border on parody. The dignified appearance of the Staalmeesters gives way to hysteria and compulsive grinning. The clothing once regulated to reflect social rank is reflected by the uniformity of the business suit, which is simply an indicator of a certain social standing, without providing any indication as to the specific profession of its wearer. The titles of the portraits are also no longer directly related to the people depicted or their functions within their "guilds", although they obviously designate the field of business, in which the depicted figures - who are completely interchangeable - have attained success (reassurance, electricity, power or - in a private context - Golf, and More Time With The Family), thereby heightening the impression of deindividualization.
The internal communication within the painting, originally directed towards the viewer, is reduced to self-referentiality in Wright's group portraits and excludes the viewer almost entirely from what is happening in the painting. The repertoire of the speaking hands is limited to mutual gestures of congratulations and backslapping or, as in the case of "electricity", to gestures that cannot be interpreted by outsiders. Such mysterious means of communication evoke the character of a secret order and thereby further exclude the viewer. Nevertheless, hands play a particularly notable role in Wright's paintings. They are instruments of self-assurance and confirmation when contact is made with others of similar standing; they enclose, reach for, grasp, take hold of, and shake - but they no longer fulfil a rhetorical function in these paintings. Considering the diversity of symbolic meanings conveyed by hands and their ability to communicate symbolically through gestures, they open up an effective avenue for effectively expressing criticism of existing conditions in an economy dominated by managers whose primary dictum is the maximization of profits, which has come to influence all areas of life. Thus, the picture of Josef Ackermann, the CEO of the Deutsche Bank who was charged with embezzlement, wearing a broad grin as he held up two fingers spread in a "V" for victory upon encountering his co-defendant, the former CEO of Mannesmann Klaus Esser, made its way around the world in record time, and came to be seen as evidence of an "arrogance of power" and as an icon of the critique of capitalism. A lack of style, cynicism and greed were all concentrated in a single gesture.
Edward Wright extracts the fundamental substance from such images and reworks them in his cryptic portraits, creating revealing depictions of a society in which gestures have become so thoroughly banal that they only serve to expose the immorality and vapidity behind the purported friendliness and sincerity of those who make them.
Die Menschen in den Bildern des Australiers Edward Wright (*1971) bieten einen verstörenden Anblick. Einerseits präsentieren sie sich dem Betrachter in wohlarrangierten Gruppenbildnissen, andererseits bleiben die Gründe für diese Zusammentreffen stets im Verborgenen. Die Räume, in denen sich die Abgebildeten befinden, sind bis auf vereinzelte Gegenstände leer und nicht weiter definiert. Das Fehlen räumlicher Referenzpunkte in den Bildern fordert die unbedingte Konzentration des Betrachters auf die Porträtierten, und an diesem Punkt wird deutlich, dass sich Edward Wright mit einem Genre befasst, das in der aktuellen bildenden Kunst kaum noch bedient wird.
Bei der Porträt- oder Bildnismalerei handelt es sich um die älteste Gattung der realistischen Darstellung in der Kunst der Neuzeit. Die Renaissance berief sich mit dem aufkommenden Individualismus - nach Jahrhunderten der mittelalterlichen Malerei, die auf ideelle Darstellung abzielte und in der infolgedessen die Fähigkeit zur physiognomisch differenzierten Abbildung des menschlichen Gesichts verloren ging - auf die antike Tradition des römischen Naturalismus, wie sie in den ersten realistischen Individualporträts, den Mumienporträts des alexandrinischen Kunstkreises aus dem 1. bis 5. Jahrhundert, überliefert sind. Verfolgt man die weitere geschichtliche Entwicklung dieser Gattung, lassen sich faszinierende Bezüge zwischen den Bildnissen Edward Wrights und jenen der alten Meister entdecken. Bereits ein Blick auf die Figurenkompositionen des scheinbar spontan versammelten Bildpersonals in seinen Gemälden lassen deutliche Parallelen zu den Gesellschafts- und Gruppenbildnissen des niederländischen Barocks sowie den Freundschaftsbildnissen der Romantik erkennen. Edward Wright bezieht sich damit auf eine Bildgattung, die sich ursprünglich aus dem erstarkenden Bürgertum und dessen wirtschaftlichem und politischem Machtzuwachs heraus entwickelte, um - quasi in Umkehrung der ursprünglichen Intention - seine kritische Haltung gegenüber den heutigen Nachfahren jener barocken ökonomischen und intellektuellen Eliten - Manager und ähnliche selbsternannte Leistungsträger der Gesellschaft - zu formulieren. So sollte das barocke niederländische Porträt einer oder mehrerer Personen die Individualität des Dargstellten "anschaulich vergegenwärtigen, physiognomisch differenzieren und mit der physischen Erscheinung auch Wesenheit und Rolle (über Gesichtsausdruck, sprechende Hände und Aufmachung) sichtbar machen [...]" Dies trifft zum Beispiel auf Rembrandts Gruppenbildnisse wie der "Anatomie des Dr. Tulp" (1632) oder den "Vorstehern der Tuchfärberzunft" ("De Staalmeesters", 1661) geradezu exemplarisch zu: In diesen Standesbildern, in denen die repräsentative Darstellung der politischen und sozialen Stellung einer Gruppe angestrebt wurde, sind die Personen, durch eine bestimmte Aufgabe miteinander verbunden, individuell und naturalistisch porträtiert. Der Betrachter wird über Mittelsfiguren, die aus den Bildern würdevoll herausschauen, in das Geschehen integriert, und durch die Darstellung "sprechender Hände" wird die Relevanz des gesprochenen Wortes unterstrichen und zur Anschauung gebracht. Wer solche Bildnisse in Auftrag gab, war sich seiner gesellschaftlichen Stellung bewusst und konnte sicher sein, dass der Betrachter die selbstbewusste Botschaft der bürgerlichen Emanzipation verstand und guthieß. Edward Wright transformiert nun die positiv konnotierten Bildinhalte ins Negative.
Dabei bedient er sich der überlieferten Ikonografie, versieht sie aber mittels kleiner formaler Variationen mit neuen Inhalten. So wird die auf den ersten Blick realistisch erscheinende Darstellung der Gesichter teilweise grotesk übersteigert und bis an den Rand der Parodie geführt. Dem würdevollen Auftritt der "Staalmeesters" weicht die Hysterie und das zwanghafte Grinsen. Die ständische Kleiderordnung findet sich in der Uniformität des Business-Anzugs wieder, der lediglich Indikator für eine bestimmte soziale Stellung ist, aber keinen Hinweis mehr auf die konkrete Tätigkeit seines Träger gibt. Auch die Titel der Bildnisse beziehen sich nicht mehr direkt auf die dargestellten Personen und ihre Funktionen innerhalb ihrer "Gilde", bezeichnen jedoch offenbar die "Branche", in denen die Dargestellten - vollkommen austauschbar - ihre Erfolge feiern ("reassurance", "electricity", "power" oder - im privaten Bereich - "Golf, And More Time With The Family") und unterstützen somit den Eindruck dieser Entindividualisierung.
Die ursprünglich an den Betrachter gerichtete bildinterne Kommunikation ist in Wrights Gruppenbildnissen nur noch selbstreferenziell und schließt den Betrachter weitgehend vom Bildgeschehen aus. Das Repertoire der sprechenden Hände beschränkt sich auf gegenseitiges Gratulieren und Schulterklopfen oder bedient sich, wie in "electricity", Gesten, die für den Außenstehenden nicht zu deuten sind. Als derart rätselhafte Kommunikationselemente besitzen sie geheimbündlerischen Charakter und grenzen den Betrachter zusätzlich aus. Nichtsdestoweniger spielen gerade die Hände in den Gemälden Wrights eine auffallende Rolle. Sie sind die Instrumente der Selbstvergewisserung und -bestätigung im Moment der Berührung Gleichrangiger, sie umfassen, ergreifen, packen und schütteln - aber sie erfüllen keine rhetorische Funktion mehr in den Bildern. Bedenkt man die Vielfalt der symbolischen Bedeutungen der Hand und ihre Fähigkeit, über Gesten selbst symbolisch zu kommunizieren, eröffnen die Hände eine wirksame Ebene, um Kritik an den herrschenden Verhältnissen einer von Managern dominierten Wirtschaft zu üben, deren Primat der Gewinnmaximierung inzwischen alle Bereiche des Lebens beeinflussen.
So ging zum Beispiel das Bild des Deutsche-Bank-Chefs Josef Ackermann, der als Angeklagter im Mannesmann-Prozess der Untreue bezichtigt wurde und der vor Prozessbeginn seinem Mitangeklagten, dem ehemaligen Mannesmann-Vorstandsvorsitzenden Klaus Esser, breit grinsend das Victory-Zeichen entgegenhielt, in Windeseile um die Welt und wurde als Beleg der "Arroganz der Macht" zu einer Ikone der Kapitalismuskritik. Stillosigkeit, Zynismus und Raffgier verdichteten sich in einer einfachen Geste.
Edward Wright extrahiert die Grundsubstanzen solcher Bilder und verarbeitet sie in seinen abgründigen Porträts zu entlarvenden Schaubildern einer Gesellschaft, in der die Gesten zu Gemeinplätzen verkommen sind, die die Freundlichkeit und Verbindlichkeit der Akteure nur noch als Unmoral und Hohlheit entlarvt.
Nur wenige Menschen machen sich klar, dass ihr Leben, das eigentliche Wesen ihres Charakters, ihre Fähigkeiten und ihre Kühnheit nur der Ausdruck ihres Vertrauens in die Sicherheit ihrer Umgebung sind. Mut, Gelassenheit, Vertrauen, Gefühle und Grundsätze, jeder große und jeder unbedeutende Gedanke gehört nicht dem Einzelwesen, sondern der Menge, einer Menge, die blind an die unwiderstehliche Kraft ihrer Institutionen und ihrer sittlichen Grundsätze, an die Macht ihrer Polizei und ihrer öffentlichen Meinung glaubt.
Der Titel dieser Ausstellung, ebenso wie das diesem Text vorangestellte Zitat, stammen beide aus einer Kurzgeschichte von Joseph Conrad, „Ein Vorposten des Fortschritts“ [An Outpost of Progress, 1897]. Einige Werke von Joseph Conrad sprechen mich an, besonders wegen seiner impressionistischen Beschreibungen, die den realen mit dem psychologischen Raum vermischen. Conrad stellt moralische Gründsätze ins Zentrum seines Schreibens, und zwar die moralischen Grundsätze einer Gesellschaft ebenso wie die ihrer unvollkommenen Individuen. Diese Themen tauchen auch in einem Korpus meiner Arbeiten auf, in denen ich seit 2010 Ansätze verfolge, die sich mit Konflikt, dem eigenem Willen und dem Gesellschaftsvertrag beschäftigen. Der Zusammenhang mit Arbeiten aus dem Jahr 2010 ist offensichtlich in Adventure und Apocalypso.
Ein weiterer Referenzpunkt dieser Ausstellung sind die Motive und der Stil der Gemälde von Henri Rousseau. Die hier versammelten Arbeiten stellen den Versuch dar, eine Verbindung zwischen diesen beiden einflussreichen Künstlern zu ziehen. Sie waren beide um die Zeit der Jahrhundertwende tätig, mit einem Bein in den Traditionen des 19. Jahrhunderts und mit dem anderen in der modernistischen Erneuerung des 20. Jahrhunderts. Die Titel von zwei Gemälden in dieser Ausstellung basieren auf Titeln von Rousseau: Surpris! (eine direkte Übertragung) und Le Leopard ayant faim se jette sur le Gardien (1905), das leicht verändert den Titel einer Arbeit von Rousseau zitiert, einschließlich der Jahresangabe. Interior. Jardin des Plantes bezieht sich auf den Ort, wo Rousseau seine Inspiration für die exotische Pflanzenwelt fand, die in seinen Dschungel Leinwandgemälden wuchert. Er unternahm seine Recherchen nämlich nicht draußen, sondern drinnen. ‚Interior‘ bezieht sich auch auf die psychologische Dimension der Romane von Conrad.
Oben habe ich den impressionistischen Stil Conrads erwähnt. Interessanterweise wollten beide Künstler Motive schaffen, die dem Betrachter sowohl fremdartig wie auch tief vertraut waren. Conrad benutzt oft eine stark kontrollierte und sehr spezifische Sprache, um schwer vermittelbare Erfahrungen verständlich zu machen. Er erzeugt so eine prekäre, unangenehme Stimmung, ohne ganz auf die Möglichkeit der sprachlichen Kommunikation zu verzichten. Rousseau setzt ein ganzes Repertoire von sehr präzisen Zeichen ein, mit denen er beständige, friedliche Ansichten des scheinbar undurchdringlichen Dschungels schafft. Seine Gemälde präsentieren ein Gleichgewicht zwischen, auf der einen Seite, Rationalität und Erkenntnis, was durch den explizierenden Stil repräsentiert wird, und auf der anderen Seite, dem Unbehagen und der Klaustrophobie, die in den manchmal gewalttätigen und ursprünglichen Motiven zum Ausdruck kommen. Recht ähnlich geht Joseph Conrad zum Beispiel in seinem Roman Herz der Finsternis vor, in dem die Leser mit viel Nachdruck und in voller Absicht auf eine ganz besondere Reise in das Unbekannte geschickt werden. Ob dieses Unbekannte ein geografischer Ort ist, darüber kann man streiten. Es wird als etwas beschrieben, das faszinierend ist, aber nicht aushaltbar (Conrad), oder als etwas Romantisiertes, vielleicht sogar Domestiziertes, aber urwüchsig und roh (Rousseau).
Hier gibt es eine Verbindung zu der Entwicklung meines eigenen Stils, der sich schrittweise und zugleich unbewusst und absichtlich in Richtung auf eine erstickende Undeutbarkeit zubewegt. Schon in den kargen Bildern aus dem Jahr 2007, auf denen jedes Gesicht in einer Gruppe als ein Palimpsest für die angehäufte soziale Erfahrung dient, bis zu dem vorgeblich heiter-beschwingten Apocalypso von 2013, war es mein Ziel, Aussagen über die normale Erfahrung zu machen, die aufzeigen, wie überflüssig eine solche Kategorie ist, die aber dennoch - auch paradoxerweise - außerordentlich unklar sind. Doch Beschreibungen, so meine höchst persönliche Einsicht und Hypothese, können letzten Endes nur sich selbst erfassen, und nicht die über sie hinausgehende Realität.
Ob sich Rousseaus Werk wirklich mit meinem Anliegen der sozialen Interaktion und den dazugehörenden Emotionen in Verbindung bringen lässt – das ist bis jetzt nur Spekulation und nicht wirklich begründbar, ebenso wenig lässt sich die Bedeutung der Primaten auf meinen Bildern schlüssig erklären. Man könnte die dichte Vegetation als eine Metapher für die menschliche Psyche verstehen, die nur zum Teil durchdringbar ist: gleichzeitig verhüllend und offenlegend, frustrierend und (bildlich) inspirierend. Der Schlummer ähnelt dem unbewussten Verarbeiten – wer eine schwere Last trägt, spürt die Folgen in einer Bewegungsunfähigkeit. Oder in einer anderen Deutung wird der Schlummer ein Symbol einer primordialen Unschuld. Diese Reihe von Bildern hat mit Aktion zu tun – oder im Fall der Affen, mit der Unfähigkeit zur Aktion – der Aktion am Übergang von einer überladenen floralen Ur-Pracht zur linearen Konstruktion von Zivilisation. Die menschlichen und nicht-menschlichen Gestalten versuchen, sich dem Realen zu stellen, doch es gelingt ihnen nicht. Ihre Strategien sind von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
Conrads Geschichten basieren zum größten Teil auf konkreter Erfahrung. Die Dschungelserien von Rousseau dagegen sind abstrakt, insofern, als sie das Ergebnis reiner Spekulation über die Zustände und Erfahrungen sind, die man dort draußen antrifft und machen kann (immer von einer eurozentristischen Perspektive aus betrachtet). Beiden Künstler geht es um eine Auseinandersetzung mit der Angst vor dem Anderen, ob dieses Andere nun außerhalb liegt oder etwas Undefinierbares im Inneren ist. Angst und Wut, die Schlüsselthemen meiner Ausstellung Social Contractors aus dem Jahr 2010, werden jetzt dargestellt als die Konfrontation mit oder das Ausweichen vor einer inneren Leere: als ein undeutlicher, unkontrollierbarer Raum, der weder durch Wissen noch Weisheit zu erreichen ist, aber der Gefühle produziert und einige förmlich zur Aktion zwingt, während er andere völlig handlungsunfähig macht.
Few men realise that their life, the very essence of their character, their capabilities and theiraudacities, are only the expression of their belief in the safety of their surroundings. The courage, the composure, the con<idence; the emotions and principles; every great and everyinsignificant thought belongs not to the individual but to the crowd: to the crowd that believes blindly in the irresistible force of its institutions and of its morals, in the power of its police andof its opinion.
The title of the show and the quote above are both from a short story by Joseph Conrad called An Outpost of Progress. Certain works byConrad appeal to me because of the impressionistic descriptions that mingle physical and psychological space, and because of his focus on morality; both the morality of a society and its defective individuals. This links with my body of work from 2010, in which I explored ideas around conflict, will and the social contract. The carry-over from 2010 is overt in Adventure and Apocalypso.Another point of reference are the motifs and style of Henri Rousseau’s paintings. This body of workattempts to link these influential artists, both of whom worked at the turn of the century with one foot in the traditions of the nineteenth and the other in the modernist renewal of the twentieth. The titles of two paintings in this exhibition are based on Rousseau‘s own: Surpris! (a direct transcription) and Le Leopardayant faim se jette sur le Gardien.(1905), Which is a modification of the title of a work by Rousseau, including its date of execution. Interior. Jardin des Plantes refers to Rousseau’s method of gathering inspiration for the exotic Dlora populating his jungle canvases. He did his research indoors. ‘Interior’ also refers to the psychological dimension in Conrad’s novels.
I alluded earlier to the impressionistic style of Conrad. It‘s worth noting that both artists were interested inrendering scenes at once foreign and deeply familiar. Conrad often uses highly controlled and specific language to elucidate experiences of the elusive. He generates a mood of instability and unease without actually breaking down communicability itself. Rousseau uses a repertoire of precise marks to create stable,
gentle scenes of seemingly impenetrable jungles. The balance in the paintings between, on the one hand, rationality and knowability demonstrated through the explicating style, and on the other, unease and claustrophobia depicted in sometimes violent and primal scenes, has some congruency with novels like Heart of Darkness, in which the reader is guided very forcefully and deliberately on a particular journey into the unknown. Whether the unknown is geographical might be debatable. The descriptions are of something fascinating yet unbearable (Conrad) or romanticising and possibly even domesticating, yet raw (Rousseau).
There is a link here with the development of my own style which, at once unconsciously and deliberately, ismaking steps in the direction of a suffocating unknowability. From the sparse depictions of 2007 in which every face in a group portrait functioned as a palimpsest of accrued social experience, to the dubiously buoynt Apocalypso of late 2013, the point has been to make obviating statements upon common experiencethat are, somewhat paradoxically, highly indeterminate. As an admixture of personal experience andhypothesis, any depiction ultimately describes itself, not some external reality.
Whether Rousseau‘s work relates to my concern with social interaction and its attendant emotions, and what significance the primates in my paintings might have, is speculative and not entirely reasoned. Onecould take the dense vegetation as a metaphor for the only partial penetrability of the human psyche: concealing and revealing, frustrating and (pictorially) composing. Slumber is akin to processing, and testifies to the immobilizing power of a heavy burden, or alternatively, primordial innocence. This series of paintingshas something to do with action, or in the case of the apes an inability to act, transpiring on the cusp ofcivilizing linear construction and primal Dloridity. The Digures, human or otherwise, struggle toward but failto confront the real, their strategies doomed from the start.
Conrad based his stories to a large extent on direct experience. Rousseau‘s jungle series are abstracted inthat they result from pure speculation upon the conditions and experiences to be encountered out there (always a Eurocentric perspective). Both seem to be evaluating a fear of otherness, be it external orsomething indefinable within. Fear and anger, key themes in the 2010 exhibition Social Contractors, are figured now as the confrontation with or evasion of an internal void: a vague, uncontrollable space, unknown to wisdom, generative of emotion, and forcing some into action while incapacitating others.
Few men realise that their life, the very essence of their character, their capabilities and theiraudacities, are only the expression of their belief in the safety of their surroundings. The courage, the composure, the con<idence; the emotions and principles; every great and everyinsignificant thought belongs not to the individual but to the crowd: to the crowd that believes blindly in the irresistible force of its institutions and of its morals, in the power of its police andof its opinion.
The title of the show and the quote above are both from a short story by Joseph Conrad called An Outpost of Progress. Certain works byConrad appeal to me because of the impressionistic descriptions that mingle physical and psychological space, and because of his focus on morality; both the morality of a society and its defective individuals. This links with my body of work from 2010, in which I explored ideas around conflict, will and the social contract. The carry-over from 2010 is overt in Adventure and Apocalypso.Another point of reference are the motifs and style of Henri Rousseau’s paintings. This body of workattempts to link these influential artists, both of whom worked at the turn of the century with one foot in the traditions of the nineteenth and the other in the modernist renewal of the twentieth. The titles of two paintings in this exhibition are based on Rousseau‘s own: Surpris! (a direct transcription) and Le Leopardayant faim se jette sur le Gardien.(1905), Which is a modification of the title of a work by Rousseau, including its date of execution. Interior. Jardin des Plantes refers to Rousseau’s method of gathering inspiration for the exotic Dlora populating his jungle canvases. He did his research indoors. ‘Interior’ also refers to the psychological dimension in Conrad’s novels.
I alluded earlier to the impressionistic style of Conrad. It‘s worth noting that both artists were interested inrendering scenes at once foreign and deeply familiar. Conrad often uses highly controlled and specific language to elucidate experiences of the elusive. He generates a mood of instability and unease without actually breaking down communicability itself. Rousseau uses a repertoire of precise marks to create stable,
gentle scenes of seemingly impenetrable jungles. The balance in the paintings between, on the one hand, rationality and knowability demonstrated through the explicating style, and on the other, unease and claustrophobia depicted in sometimes violent and primal scenes, has some congruency with novels like Heart of Darkness, in which the reader is guided very forcefully and deliberately on a particular journey into the unknown. Whether the unknown is geographical might be debatable. The descriptions are of something fascinating yet unbearable (Conrad) or romanticising and possibly even domesticating, yet raw (Rousseau).
There is a link here with the development of my own style which, at once unconsciously and deliberately, ismaking steps in the direction of a suffocating unknowability. From the sparse depictions of 2007 in which every face in a group portrait functioned as a palimpsest of accrued social experience, to the dubiously buoynt Apocalypso of late 2013, the point has been to make obviating statements upon common experiencethat are, somewhat paradoxically, highly indeterminate. As an admixture of personal experience andhypothesis, any depiction ultimately describes itself, not some external reality.
Whether Rousseau‘s work relates to my concern with social interaction and its attendant emotions, and what significance the primates in my paintings might have, is speculative and not entirely reasoned. Onecould take the dense vegetation as a metaphor for the only partial penetrability of the human psyche: concealing and revealing, frustrating and (pictorially) composing. Slumber is akin to processing, and testifies to the immobilizing power of a heavy burden, or alternatively, primordial innocence. This series of paintingshas something to do with action, or in the case of the apes an inability to act, transpiring on the cusp ofcivilizing linear construction and primal Dloridity. The Digures, human or otherwise, struggle toward but failto confront the real, their strategies doomed from the start.
Conrad based his stories to a large extent on direct experience. Rousseau‘s jungle series are abstracted inthat they result from pure speculation upon the conditions and experiences to be encountered out there (always a Eurocentric perspective). Both seem to be evaluating a fear of otherness, be it external orsomething indefinable within. Fear and anger, key themes in the 2010 exhibition Social Contractors, are figured now as the confrontation with or evasion of an internal void: a vague, uncontrollable space, unknown to wisdom, generative of emotion, and forcing some into action while incapacitating others.
Nur wenige Menschen machen sich klar, dass ihr Leben, das eigentliche Wesen ihres Charakters, ihre Fähigkeiten und ihre Kühnheit nur der Ausdruck ihres Vertrauens in die Sicherheit ihrer Umgebung sind. Mut, Gelassenheit, Vertrauen, Gefühle und Grundsätze, jeder große und jeder unbedeutende Gedanke gehört nicht dem Einzelwesen, sondern der Menge, einer Menge, die blind an die unwiderstehliche Kraft ihrer Institutionen und ihrer sittlichen Grundsätze, an die Macht ihrer Polizei und ihrer öffentlichen Meinung glaubt.
Der Titel dieser Ausstellung, ebenso wie das diesem Text vorangestellte Zitat, stammen beide aus einer Kurzgeschichte von Joseph Conrad, „Ein Vorposten des Fortschritts“ [An Outpost of Progress, 1897]. Einige Werke von Joseph Conrad sprechen mich an, besonders wegen seiner impressionistischen Beschreibungen, die den realen mit dem psychologischen Raum vermischen. Conrad stellt moralische Gründsätze ins Zentrum seines Schreibens, und zwar die moralischen Grundsätze einer Gesellschaft ebenso wie die ihrer unvollkommenen Individuen. Diese Themen tauchen auch in einem Korpus meiner Arbeiten auf, in denen ich seit 2010 Ansätze verfolge, die sich mit Konflikt, dem eigenem Willen und dem Gesellschaftsvertrag beschäftigen. Der Zusammenhang mit Arbeiten aus dem Jahr 2010 ist offensichtlich in Adventure und Apocalypso.
Ein weiterer Referenzpunkt dieser Ausstellung sind die Motive und der Stil der Gemälde von Henri Rousseau. Die hier versammelten Arbeiten stellen den Versuch dar, eine Verbindung zwischen diesen beiden einflussreichen Künstlern zu ziehen. Sie waren beide um die Zeit der Jahrhundertwende tätig, mit einem Bein in den Traditionen des 19. Jahrhunderts und mit dem anderen in der modernistischen Erneuerung des 20. Jahrhunderts. Die Titel von zwei Gemälden in dieser Ausstellung basieren auf Titeln von Rousseau: Surpris! (eine direkte Übertragung) und Le Leopard ayant faim se jette sur le Gardien (1905), das leicht verändert den Titel einer Arbeit von Rousseau zitiert, einschließlich der Jahresangabe. Interior. Jardin des Plantes bezieht sich auf den Ort, wo Rousseau seine Inspiration für die exotische Pflanzenwelt fand, die in seinen Dschungel Leinwandgemälden wuchert. Er unternahm seine Recherchen nämlich nicht draußen, sondern drinnen. ‚Interior‘ bezieht sich auch auf die psychologische Dimension der Romane von Conrad.
Oben habe ich den impressionistischen Stil Conrads erwähnt. Interessanterweise wollten beide Künstler Motive schaffen, die dem Betrachter sowohl fremdartig wie auch tief vertraut waren. Conrad benutzt oft eine stark kontrollierte und sehr spezifische Sprache, um schwer vermittelbare Erfahrungen verständlich zu machen. Er erzeugt so eine prekäre, unangenehme Stimmung, ohne ganz auf die Möglichkeit der sprachlichen Kommunikation zu verzichten. Rousseau setzt ein ganzes Repertoire von sehr präzisen Zeichen ein, mit denen er beständige, friedliche Ansichten des scheinbar undurchdringlichen Dschungels schafft. Seine Gemälde präsentieren ein Gleichgewicht zwischen, auf der einen Seite, Rationalität und Erkenntnis, was durch den explizierenden Stil repräsentiert wird, und auf der anderen Seite, dem Unbehagen und der Klaustrophobie, die in den manchmal gewalttätigen und ursprünglichen Motiven zum Ausdruck kommen. Recht ähnlich geht Joseph Conrad zum Beispiel in seinem Roman Herz der Finsternis vor, in dem die Leser mit viel Nachdruck und in voller Absicht auf eine ganz besondere Reise in das Unbekannte geschickt werden. Ob dieses Unbekannte ein geografischer Ort ist, darüber kann man streiten. Es wird als etwas beschrieben, das faszinierend ist, aber nicht aushaltbar (Conrad), oder als etwas Romantisiertes, vielleicht sogar Domestiziertes, aber urwüchsig und roh (Rousseau).
Hier gibt es eine Verbindung zu der Entwicklung meines eigenen Stils, der sich schrittweise und zugleich unbewusst und absichtlich in Richtung auf eine erstickende Undeutbarkeit zubewegt. Schon in den kargen Bildern aus dem Jahr 2007, auf denen jedes Gesicht in einer Gruppe als ein Palimpsest für die angehäufte soziale Erfahrung dient, bis zu dem vorgeblich heiter-beschwingten Apocalypso von 2013, war es mein Ziel, Aussagen über die normale Erfahrung zu machen, die aufzeigen, wie überflüssig eine solche Kategorie ist, die aber dennoch - auch paradoxerweise - außerordentlich unklar sind. Doch Beschreibungen, so meine höchst persönliche Einsicht und Hypothese, können letzten Endes nur sich selbst erfassen, und nicht die über sie hinausgehende Realität.
Ob sich Rousseaus Werk wirklich mit meinem Anliegen der sozialen Interaktion und den dazugehörenden Emotionen in Verbindung bringen lässt – das ist bis jetzt nur Spekulation und nicht wirklich begründbar, ebenso wenig lässt sich die Bedeutung der Primaten auf meinen Bildern schlüssig erklären. Man könnte die dichte Vegetation als eine Metapher für die menschliche Psyche verstehen, die nur zum Teil durchdringbar ist: gleichzeitig verhüllend und offenlegend, frustrierend und (bildlich) inspirierend. Der Schlummer ähnelt dem unbewussten Verarbeiten – wer eine schwere Last trägt, spürt die Folgen in einer Bewegungsunfähigkeit. Oder in einer anderen Deutung wird der Schlummer ein Symbol einer primordialen Unschuld. Diese Reihe von Bildern hat mit Aktion zu tun – oder im Fall der Affen, mit der Unfähigkeit zur Aktion – der Aktion am Übergang von einer überladenen floralen Ur-Pracht zur linearen Konstruktion von Zivilisation. Die menschlichen und nicht-menschlichen Gestalten versuchen, sich dem Realen zu stellen, doch es gelingt ihnen nicht. Ihre Strategien sind von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
Conrads Geschichten basieren zum größten Teil auf konkreter Erfahrung. Die Dschungelserien von Rousseau dagegen sind abstrakt, insofern, als sie das Ergebnis reiner Spekulation über die Zustände und Erfahrungen sind, die man dort draußen antrifft und machen kann (immer von einer eurozentristischen Perspektive aus betrachtet). Beiden Künstler geht es um eine Auseinandersetzung mit der Angst vor dem Anderen, ob dieses Andere nun außerhalb liegt oder etwas Undefinierbares im Inneren ist. Angst und Wut, die Schlüsselthemen meiner Ausstellung Social Contractors aus dem Jahr 2010, werden jetzt dargestellt als die Konfrontation mit oder das Ausweichen vor einer inneren Leere: als ein undeutlicher, unkontrollierbarer Raum, der weder durch Wissen noch Weisheit zu erreichen ist, aber der Gefühle produziert und einige förmlich zur Aktion zwingt, während er andere völlig handlungsunfähig macht.
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